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Wie wir wurden, was wir sind

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Ein Buch über die Firma Samen Schwarzenberger. Vom Gründer Johann bis zur Betriebsübergabe 2022 von Erich an Markus Schwarzenberger. Viele Jahrzehnte beschreiben spannendste Ereignisse.

Kleine Seitenhiebe nimmt

Kleine Seitenhiebe nimmt man in der Familie seit jeher mit Humor – oder, wie man in Tirol so schön sagt: Wer austeilt, muss auch einstecken können. Bei der Samenhandlung Flossmann nahm alles seinen Anfang. Der Zuagroaste kauft sich ein 1931 brannte die Landwirtschaft Fischnaller lichterloh. Der Brand war insofern eine Tragödie, als dass man ihm nichts entgegenzusetzen hatte. Das Schloss des Feuerwehrhauses, das nur 50 Meter entfernt lag, war beschädigt und so konnte die Löschausrüstung nicht zum Einsatz gebracht werden. Die Fischnallers mussten dabei zusehen, wie ihr Hof abbrannte. Sie sollten ihn nie wieder aufbauen. Die Grundstücke der Landwirtschaft fanden reißenden Absatz – den Rest konnte der „Zuagroaste in der Moosau“ kaufen, alias Johann Schwarzenberger. Wie das im Übrigen hierzulande so üblich ist, galten die Mitglieder der Familie Schwarzenberger selbst Jahrzehnte später noch als Zuagroaste. Durch seinen enormen Fleiß, tatkräftig unterstützt von seiner Verlobten, konnten nicht nur weitere Grundstücke erworben, sondern – endlich – auch ein eigenes Heim errichtet werden. 1928 bauten sie ihr „Häusl“ und einen kleinen, angeschlossenen Stall, in dem damals vorerst nur eine Kuh untergebracht wurde. Selbstständig. Am 8. Februar 1929 beantragte Johann das freie Gewerbe Samen und Gemüsehandel, für das er am 28. August 1930 die Genehmigung erhielt. Die bürokratischen Mühlen mahlten immer schon recht gemächlich. Aufs Höchste motiviert, ging Johann seine Unternehmung an. Im Keller des Häusls wurde der Samen abgepackt. Mischungen durften damals noch nicht verkauft werden, nur Reinsaaten. Damals musste das Saatgut also einzeln verpackt werden – eine langwierige und auch langweilige Arbeit. Zeitig im Frühjahr wurden die Säcke zum Bahnhof gebracht und verschickt. Im Herbst besuchte Johann dann die Landwirte, um die Lieferung vom vergangenen Frühjahr zu kassieren und eine neue Bestellung aufzunehmen. Wiederum mit dem Fahrrad war Johann – von Hof zu Hof – im Unterinntal unterwegs. Sorgsam handgeschriebene Produktdatenblätter waren immer mit in seinem Gepäck – und untermauerten seine Kompetenz, die den Ausschlag gab. Bereits im ersten Jahr verkaufte er 17 Tonnen Saatgut. Angesichts dieses Erfolgs war es nur logisch, dass der Neo- Geschäftsmann sein Geschäft erweitern wollte. Also engagierte er einen ehemaligen Schulkameraden, Anton Eberharter aus Zell am Ziller, als Vertreter – nicht ahnend, dass er damit nicht nur seine eigene Unternehmung beflügeln sollte, sondern durch diesen Schritt gleich zwei neue Samenhändler entstehen sollten. Denn Eberharter, angetan vom Erfolg, machte sich nach einem Jahr ebenfalls selbstständig und der Vertreter, den er engagiert hatte, tat es ihm kurz darauf gleich und beauftragte wiederum einen Vertreter. Eine wahre Kaskade an Samenhändlern also, die aber mit Johann Baumann aus Schlitters ein Ende fand. Denn der legte keinen Wert darauf, den Markt noch weiter aufzumischen, und ist somit der älteste aktive Kunde der Schwarzenbergers. Frecher Nachwuchs. 1932, zwei Jahre nach der Hochzeit von Johann und Anna und der Firmengründung, kam Sohn Erich zur Welt. Und der war wohl ein richtiger Lausbub. Überliefert ist in der Familie bis heute die Geschichte, wie Erich als Achtjähriger ziemlich frech mit seinem Vater war – so dreist jedenfalls, dass dieser drohte, ihn zu enterben. Die lapidare Antwort des Sohnes: Und wem willst du es dann geben? Ihr habt ja nur mich. Ob Johann gerade diese Aussage als Motivation auffasste, weiß man nicht. Jedenfalls kam ein Jahr später, 1941, Sohn Hans zur Welt. Eine kleine Anekdote am Rande: 42 Jahre später, an Erichs 50. Geburtstag, kam genau dieses Ereignis wieder zur Sprache, als Hans – der schließlich in Sadrach ein Lebensmittelgeschäft eröffnet hatte – seinen ältesten Bruder mit den Worten aufzog: „Wärst als Bub nicht so frech gewesen mit dem Vater, hättest alles bekommen.“ Kleine Seitenhiebe nimmt man in der Familie seit jeher mit Humor – oder, wie man in Tirol so schön sagt: Wer austeilt, muss auch einstecken können. ▞ Das „Häusl“, das erste Domizil von Johann und Anna Schwarzenberger, damals noch Dollinger, das sie 1928 erbauten und in dessen Keller die Saaten verpackt wurden. Später wurde das ganze Gebäude als Samenlager verwendet. 14 15