Aufrufe
vor 3 Jahren

Wie wir wurden, was wir sind

  • Text
  • Traditionsunternehmen
  • Familienbetrieb
  • Damals
  • Wwwsamenschwarzenbergercom
  • Firmenchronik
  • Tirol
  • Innsbruck
  • Schwarzenberger
Ein Buch über die Firma Samen Schwarzenberger. Vom Gründer Johann bis zur Betriebsübergabe 2022 von Erich an Markus Schwarzenberger. Viele Jahrzehnte beschreiben spannendste Ereignisse.

Die Notlage zwang Erich

Die Notlage zwang Erich dazu, auch mit Großkunden in ganz Österreich Kontakt aufzunehmen. Es war eben ein Versuch. Dass er damit den Wiener Samenhändlern ein Konkurrent werden könnte, daran dachte Erich nicht mal im Traum. „Tradition in der kaufmännischen Gesinnung, Bescheidenheit im persönlichen Auftreten, aber Energie und Fähigkeiten zur Durchführung des verantwortungsvollen Berufs kennzeichnen sowohl Schwarzenberger Johann, den aufbauenden Geist dieses imposanten Handelsunternehmens, wie auch Erich jun., den Sohn und bewährten Mitarbeiter, als befähigten Weiterbauer, der mit Elan die weitere Modernisierung des Unternehmens durchführt.“ Sacks war ein Gemisch, aber sicher kein Glatthafer. Der ertappte Sepp nahm es gelassen: „Hast mich halt erwischt“, sagte er nur. Doch kein Schaden ohne Nutzen. Denn diese Episode gab den Ausschlag zur Anschaffung einer Fischbein-Sacknähmaschine. Von nun an konnte man sofort sehen, ob ein Sack schon einmal geöffnet wurde. Zu dieser Zeit wurde vermehrt in Fünfund Zehn-Kilogramm-Säcke abgefüllt. Dafür wurden Reststoffe gekauft, aus denen die Damen der Familie und deren Freundinnen in der ruhigen Zeit Stoffsäcke nähten. Dadurch musste sehr lange kein Verpackungsmaterial zugekauft werden. Ein Ingenieur hats gar nicht schwer. Der Hafer wurde früher übrigens noch lose angeliefert – mit der Bahn im sogenannten Kohlenwaggon. Das Entladen kam einer Meisterleistung der kreativen Ingenieurskunst gleich. Der Waggon, mit dem Traktor auf das Einser-Gleis an das östliche Ende der Halle geschoben, wurde unter einem Förderband platziert, das am Dachstuhl des Tennens befestigt war. Ein wahres Gesamtkunstwerk an diversen Trichtern und Rohren schmückte den Elevator. Das Getreide gelangte in die Silos, wurde in der Putzmaschine von Stroh und leeren Hülsen gereinigt und bis zur weiteren Abfüllung wieder in einem Silo gelagert. Mit einer mobilen Absackwaage, die unter den Silo geschoben wurde, konnten dann 50-Kilogramm-Säcke sehr rasch abgefüllt werden. Später wurde auch Torf auf dem Einser-Gleis abgeladen. Und auch hier kam besagtes Ingenieurs-Knowhow wieder zum Einsatz. Eine Holzrutsche wurde mit Schmierseifenwasser befeuchtet. Zwar platzten die ersten Ballen mit gnadenloser Regelmäßigkeit auf, die weiteren aber waren von dem unschönen Anblick wohl so abgeschreckt, dass sie das Platzen unterließen. Für die Kinder der Familie war diese Prozedur jedenfalls ein Riesenspaß, denn ab und zu durften sie mit einem Ballen unterm Hintern die Bahn hinunterrutschen. Der ganze private Schwarzenberger-Vergnügungspark ist jedem, der ihn erlebt hat, heute noch in guter Erinnerung. ▞ Wie ein Skigips das Geschäft zum Florieren brachte Als Erich sich eines Tages Mitte der 1960er Jahre mit seinen Kindern Otto, Helga und Erich nach Afling zum Skifahren aufmachte, war das Ziel des Tages, seinem Nachwuchs das Wedeln beizubringen. Gelernt haben sie an diesem Tag Einiges und zwar, wie man eben nicht wedelt. Das Feld war einfach zu flach und so holte Erich sich einen Schienbein- Wadenbein-Drehbruch – und drei Monate Liegegips. Eine Katastrophe, denn das Lager war voll mit Saatgut. Eine Menge Arbeit wartete. Aber wie immer bei Schwarzenberger wurde auch hier der Not nicht klein beigegeben. Man improvisierte eben wieder mal. Also wurde im Büro ein Bett aus Paletten am Schreibtisch errichtet, von wo aus Erich emsig verkaufen konnte. Die Notlage zwang ihn dazu, auch mit Großkunden in ganz Österreich Kontakt aufzunehmen. Es war eben ein Versuch. Dass er damit den Wiener Samenhändlern ein Konkurrent werden könnte, daran dachte Erich nicht mal im Traum (außer in den ganz schönen Träumen). Doch manchmal werden Träume wahr. Das Geschäft blühte auf und das Unternehmen steigerte seinen Marktanteil deutlich – zum verständlichen Leidwesen der Mitbewerber. Aber wie sagt man so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft. 48 49